von Uwe Kühne

Die geschichtliche Entwicklung der Gemeinde Karlshuld

Karlshuld wurde, wie auch die zur heutigen Einheitsgemeinde gehörenden Gemeindeteile Grasheim (1824 gegründet, am 01.05.1978 eingemeindet), Kleinhohenried (Brandheim 1804, Neuhohenried 1818 gegründet), Kochheim (1795 gegründet, am 01.01.1974 bzw. 01.01.1985 eingemeindet), Nazibühl (am 01.01.1976 eingemeindet) und Neuschwetzingen (1802 gegründet, am 01.01.1970 eingemeindet) im Zuge der ab 1790 begonnenen Trockenlegung des Donaumooses im Jahre 1794 als Kolonie gegründet. Als Gründer gilt Generalmajor Karl Wilhelm Joseph Adam Reichsfreiherr von Eckart, der als Aktionär der Donaumooskultursozietät das Privileg hatte, Moosgründe zu erwerben. Für eine Aktie im Werte von 10.000 Gulden erhielt er 300 Tagwerk Moosgründe, zu denen er weitere Gründe käuflich erwarb. Verbunden mit seinem neuen Besitz werden ihm die niedere Gerichtsbarkeit und die niedere Jagd entlang der bayerischen Grenze verliehen sowie die Genehmigung ein Wirtshaus zu errichten und Handwerker ansiedeln zu lassen erteilt.

 

Der Name Karlshuld wird im Hofmarkspatent vom 15. April 1795 nicht erwähnt. Er entstand erst später und ist auf Kurfürst Karl Theodor von Pfalzbayern (1777 - 1799) als Initiator der Trockenlegung des Donaumooses zurückzuführen. Bereits zwei Jahre nach seiner Gründung war Karlshuld mit seinen 25 Gebäuden und dem Kirchlein ein kleines Dorf, in dem 1804 bereits 321 Einwohner in 90 Häusern wohnten.

 

Die wirtschaftliche Entwicklung hielt aber mit der Bevölkerungsentwicklung nicht Schritt. War auf der einen Seite dank des rührigen Verwalters Vogel der Betrieb des Hofmarkherren gewinnbringend, mussten auf der anderen Seite die Kolonisten vielfach große Not leiden, weil man ihnen des finanziellen Gewinnes wegen durch den Hofmarksherren zuwenig Grund überließ. So mussten sich 135 Familien den Grund teilen, der für 25 vorgesehen war. Die Kolonisten konnten letztlich ihre Schulden nicht begleichen und ihre halbfertigen Häuser nicht vollenden. Sie mussten vielfach auf ungesetzliche Handlungen ausweichen, um sich und ihre Familien am Leben zu halten. Der Verfall der Sitten ging damit einher.

 

In den Folgejahren verfiel das Moos fast wieder in der Urzustand. Erst 1817 wurde mit der Wiederherstellung der Gräben und Brücken begonnen. Die wirtschaftliche Not der Kolonisten versuchte man dadurch zu lindern, dass man ihnen Moosgründe des Staates zuteilte. Für die Neuansiedlung von Kolonisten wurden strenge Richtlinien erlassen, in denen die Größe der Felder und deren Nutzungsdauer ebenso vorgeschrieben waren wie die Charaktereigenschaften der neuen Siedler.

 

Da Felder und Wiesen nicht genügend Erträge abwarfen, mussten andere Erwerbsquellen erschlossen werden. In erster Linie ist hierbei das Torfstechen zu erwähnen. Im Jahre 1824 wurde in Karlshuld eine Spinnerei errichtet, die aber 1830 mangels Absatzes ihren Betrieb wieder einstellen musste. Daneben wurde das Korbflechten, das "Kirmzäun", betrieben; eine Erwerbsquelle bis in die fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts. Heute sind die Korbflechter in Karlshuld fast ausgestorben. Die 1894 gegründete Korbindustrie-Genossenschaft Donaumoos errichtete 1895 auf dem Gelände der heutigen Saatgutreinigungsanlage der Moorwirtschaft eine Korbfabrik, in der viele Bewohner des Donaumooses bis zu deren Auflösung 1920 Arbeit und Brot fanden.

 

Mit der Errichtung der Moorversuchsanstalt 1898 wurde der Grundstein für die systematische Forschungsarbeit auf landwirtschaftlichem Gebiet im Donaumoos gelegt. Herauszuheben sind dabei die Züchtungserfolge des Karlshulder Sommer- und Winterroggens, im Kartoffelanbau und in der Viehzüchtung.

 

Großen Anteil an der Entwicklung der Gemeinde haben die Kirchen. So erwarb sich Johann Evangelist Lutz große Verdienste dadurch, dass er zur Linderung der großen Not der Karlshulder Spenden sammelte und diese ohne große Formalitäten an diejenigen verteilte, die es am nötigsten hatten. Mit der Einrichtung des "Local Schul-, Armen- und Krankenfonds" schuf er eine segensreiche Einrichtung. Maurus Gerle setzte sich nachhaltig für die Karlshulder und Mösler ein, gründete die heutige Raiffeisenbank und war am Betrieb der Korbfabrik maßgeblich beteiligt. Georg Pächtner fiel die schwere Aufgabe zu, die nach mehrfachen durch Lutz veranlassten Glaubenswechseln entstandene Karlshulder evangelische Kirchengemeinde wieder aufzubauen. Im Jahre 1833 wurde das Fundament der katholischen Kirche gelegt, die 1835 als St.-Ludwigs-Kirche eröffnet und 1840 geweiht wurde. Das evangelische Gotteshaus wurde, nachdem man seit 1832 in einer Bretterkirche (Scheunenkirche) den Gottesdienst hielt, 1847 errichtet.

 

Aber auch die Bildung wurde in der gewiss schweren Zeit nicht vernachlässigt. Die 1802 eingeführte allgemeine Schulpflicht begann in Karlshuld erst 1804, als der erste Pfarrer seinen Dienst antrat und im Pfarrhaus Unterricht erteilte. 1829 wurde ein hölzernes Schulhaus errichtet, 1841 mit dem Bau eines festen Schulhauses neben der St.-Ludwigs-Kirche begonnen. Die dreigeschossige neue Schule wurde 1856 nach Einweihung der gegenüber der Kirche errichteten Mädchenschule (in der heute das Rathaus untergebracht ist), in der fast 100 Jahre die Schwestern des Ordens der „Armen Schulschwestern" unter richteten, als Knabenschule weitergeführt. Ab 1834 wurde im evangelischen Vikarhaus, dem späteren Pfarrhaus, für die evangelischen Kinder Unterricht erteilt.

 

1964 errichtet die Gemeinde eine Volksschule, der eine kleine Turnhalle angegliedert wurde. Nach den Erweiterungsbauten von 1970 und 1992 hat Karlshuld eine moderne Grund- und Hauptschule, an der die Kinder aus der Einheitsgemeinde und in den Klassen
7 - 9 auch die Kinder aus Königsmoos unterrichtet werden.

 

Für die Kinder im Vorschulalter steht ein Kindergarten zur Verfügung und segensreich ist auch das Wirken der Zentralen Diakoniestation, die von Karlshuld aus das ganze Donaumoos betreut.

 

Die wirtschaftliche Entwicklung von Karlshuld ging langsam aber stetig voran. Den Anschluss an das Schienennetz erhielt man 1874 über Weichering und 1875 über Niederarnbach. 1893 wurde eine Postexpedition eingerichtet, die elektrische Stromversorgung begann 1909/10. Neben Landwirtschaft und Handwerk nahm auch das Bankwesen am Aufschwung teil. 1891 wurde die heutige Raiffeisenbank gegründet, 1929 die Volksbank eröffnet und die Stadtsparkasse Neuburg betreibt ebenfalls eine Zweigstelle in Karlshuld. Auch die medizinische Versorgung für Mensch und Tier ist durch Ärzte, Zahnärzte, Apotheken und Tierarzt sichergestellt.

 

Ungebrochen ist das Vereinsleben in der Einheitsgemeinde. Mehr als 50 Vereine, Organisationen, Zusammenschlüsse und Verbände prägen das Gemeinschaftsleben. Die ältesten Vereine sind der 1873 gegründete Veteranen-, Soldaten- und Reservistenverein, der katholische Arbeiterverein (1879), die Freiwillige Feuerwehr Karlshuld (1901) und die Soldaten- und Reservistenkameradschaft (1901).

 

Die Einwohnerentwicklung ging stetig voran, hatte man 1840 bereits 835 Einwohner, so stieg die Zahl bis 1888 auf 1227 an. Heute wohnen nach der Gemeindegebietsreform über 5.540 Einwohner in der Einheitsgemeinde, die nicht umsonst „Moosmetropole" genannt wird.

 

Das äußere Bild der Kolonistensiedlung hat sich seit den fünfziger Jahren völlig verändert. Die alten Mooshäuser wurden durch moderne Neubauten ersetzt, Straßen ausgebaut und geteert, die beiderseits der Hauptstraße verlaufenden Entwässerungsgräben wurden verrohrt, Geh- und Radwege angelegt und Neubaugebiete erschlossen. Mit der Anlage weiterer Neubaugebiete wird eine Abkehr vom reinen Straßendorf aus der Kolonistenzeit hin zum geschlossenen Ortskern vollzogen.

 

Weitergehende Informationen zur Geschichte Karlshuld gibt es in der  Schriftenreihe „´s Moos“ des Kulturhistorischen Vereins Donaumoos mit

  • "Kirchen im Donaumoos" und
  • "Schulen im Donaumoos - Band 1 - Karlshuld"(zu beziehen vom Verein)